Ortsbeschreibung von Altdorf 1848 PDF-Logo

aus der Oberamtsbeschreibung von Nürtingen

Seite 139 bis 141
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3. Altdorf

Dorf, Gemeinde III.Cl. Mit 440 Einwohnern (worunter 3 Katho-
liken), Filial von Neckar-Thailfingen, 2 ¼ Stunde südwestlich von
Nürtingen an der Staatsstraße von Stuttgart nach Urach, Reut-
lingen (Forstamt Urach). Eine kleine Hochfläche, östlich gegen
den Nettelbach und die Authmuth, nördlich gegen das Neckarthal
gesenkt, bildet die Markung dieser Gemeinde, deren Boden, meist
ein tiefgründiger Lehmboden, zu den besseren des Bezirkes gehört.
Die Luft ist trocken und scharf. Der Felbau ist ausgedehnt und
lohnend, besonders ergiebig an Dinkel und Haber; auch der Hanf
geräth hier vornehmlich gut, und unter andern Bracherzeugnissen
hauptsächlich die Kartoffel. Es gibt Aecker, die mit 600 fl. der
Morgen bezahlt werden.* 1.) Der mittlere Preis der übrigen Güter
[140] ist 200—250 fl. Der Wieswachs ist gut und ergiebig, aber gleich-
wohl sehr unzulänglich; die Wiesenpreise stehen zu 200-400-600 fl.
Der Holzertrag deckt bei weitem nicht den Bedarf. Die Rind-
viehzucht ist bedeutend und verbessert sich sehr durch Einführung
der Simmenthaler Race. Der Handel mit Vieh und Viehmastung
ist eine Haupteinnahmequelle. Leider findet man aber auch noch
Stellvieh, das den Juden gehört. Altdorf hat verhältnißmäßig
die meisten Schafe im Oberamt, einzelne Bürger gegen 300 Stück
Bastarde, die hier gewintert werden. Die Gemeinde erhebt 450 fl.
jährl. Pacht von der Schafweide, die übrigens sehr mittelmäßig
ist. -- Gewerbe sind nur die unentbehrlichsten, Schildwirthschaften
zwei vorhanden. Auch hat die Gemeinde in neuerer Zeit ein Ge-
meindebackhaus errichtet.

 Die Vermögensumstände der Einwohner sind verhältnißmäßig
gut, die der Corporation, vor einigen Jahrzehnden sehr verwahr-
lost, jetzt geordneter. Es ist ein kleines Stiftungsvermögen von
1100 fl. vorhanden. Der Großzehnten ist zu 13/24 und 11/24 zwi-
schen dem Hospital Kirchheim und dem Staat getheilt. Letzterer
Antheil rührt von den Stiftern Sindelfingen und Oberhofen bei
Göppingen. Den kleinen Zehnten bezieht die Pfarrei Neckar-Thail-
fingen. Den Heu-und Oehmd-Zehnten haben theils die Wittum-
maier, theils der Staat zu erheben. Bedeutend waren die auf
den Gütern haftenden Lasten und Abgaben, welche zum größten
Theil, als vom Kloster Denkendorf rührend, das in Altdorf Grund-
herr war, dem Staat entrichtet werden mußten, in neuester Zeit
aber abgelöst worden sind.

 Altdorf ist ein hochgelegener Ort, ziemlich unregelmäßig ge-
baut, und in den Nebenstraßen unreinlich. Die 1827 von der
Gemeinde neu erbaute, kleine Kirche hat ein gefälliges Aussehen,
aber ein äußerst einfaches Innere; es werden in derselben von dem
Pfarrer in Neckar-Thailfingen jährlich 58 Gottesdienste, darunter
26 Sonntagspredigten, gehalten. Die alte Kirche wurde abgebrochen.
Der Begräbnißplatz ist 1824 am Nordende des Dörfchens neu ange-
legt worden. Der Kirche gegenüber steht das Rathhaus, in welchem
sich auch das Schullokal befindet. Der Ort hat wegen seiner hohen
Lage bisweilen Wassermangel.-- Altdorf, das früher zum Kloster-
amt Denkendorf gehört hatte, ist erst 1808 dem diesseitigen Be-
zirke zugetheilt worden.[141]
Besitzungen hatten hier, von Klöstern: Sirnau einen Hof seit
dem Jahr 1280, laut Eßlinger Archivalurkunde, welche die früheste
Nennung des Ortes enthält; Kloster Hirschau Güter, welche es
im Jahr 1341 u. f. an die Schillingische Familie verlieh. Das
oben erwähnte Kloster Denkendorf machte hier zu verschiedenen
Zeiten Erwerbungen, im Jahr 1385, 1427 von der Familie Kayb
(von welcher ihm im erstgenannten Jahre die hiesige Kirche ver-
pfändet wurde) und im Jahr 1447 23. Juli von Berthold von
Baustetten, dessen Vater Heinrich seinen hiesigen Besitz von den von
Kayb erheirathet hatte; der Besitz bestand in der Vogtei, allem
Gericht, Zwäng und Bänn, insonderheit 5 Höfen, Oheimshof,
Freihansenhof, Kuonhansenhof, Rohrershof, Kolbenhof. (Archival-
urkunde, Schmidlin Beitr.2, 46.69.276.)

 Vom Adel dieses Ortes kommt am frühesten vor Friedrich
von Altdorf in einer Archivalurkunde von 1291 Juni 26. In der
ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts verkaufte Berthold von Altdorf
die hiesige Vogtei um 150 Pfd. an Fritz Kayb. Dns Bertholdus
de Altorf al. dictus Coler miles + 1386 März 23. ist in Denken-
dorf begraben, wo noch ein Grabdenkmal seinen Namen angibt.*2.)

1.) daneben gibt es aber, was hier eigenthümlich, geringere Güter,
etwa 15 Morgen, welche (laut den uns mitgetheilten Notizen) so schwer
mit Abgaben belastet sind, daß der Besitzer sich glücklich preist, und selbst
zu Geldopfern bereit ist, wenn ein Anderer sie nur annimmt, (Die Grund-
abgaben gegen des Staat bestehen übrigens jetzt nicht mehr. S. Hiernach.)

2.) Der Ortsname heißt in einer Urk. Von 1322 „Alchdorf.“ Das
Kloster Denkendorf wurde 1454 durch die Räthe des Grafen Ulrich von
Württemberg mit dem Dorfe dahin vertragen, daß dieses gegen Befreiung von
Steuer und Dienst jährlich 12 Pfd. Heller dem Kloster reichen solle. Im
J. 1523 waren (außer diesem) begütert: die Barfüßer in Reutlingen mit
1 Hof, heil. Kreuzkaplanei in Nürtingen 1 Hof, die Frühmesse Tenz-
lingen 1 Lehen, das Stift Dachenhausen 1 Lehen, die Frühmesse Walddorf
1 Hof, und das Stift Oberhofen mit 1 Lehen. Berthold Kayb verkaufte 1427 seinen
Antheil am hiesigen Zehnten an St. Michaels und Barbara Pfründe in
der Stiftskirche Sindelfingen. Die Burg derer von Altdorf scheint in der
Zelge Friedlinbronnen gelegen zu haben, wo das Lagerbuch einen „Burg-
acker“ aufführt.