Ortsbeschreibung von Tischardt 1848 PDF-Logo

aus der Oberamtsbeschreibung von Nürtingen

Seite 215 bis 216
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26. Tischardt,

Dorf, Gemeinde III.Cl. mit 397 Einwohnern, Filial von Fricken-
hausen, 1 ½ Stunde südlich von Nürtingen (Forstamt Urach).
Tischardt hat eine ziemlich abgeschiedene, von Waldungen umgebene
Lage und ist erst durch die vor drei Jahren neu angelegte Straße
von Frickenhausen nach Metzingen mehr in Verbindung mit der
Nachbarschaft gesetzt worden. Der Boden der Markung ist ein
wenig fruchtbarer, mühsam zu bearbeitender Thonboden und der
Feldbau bei weitem der unbedeutendste im Oberamt. Ertragrei-
cher und besser, auch beinahe um das Dreifache ausgedehter als
das Ackerfeld ist das Wiesenareal. Der Ort hat etwas Weinbau
und erzeugt ein angenehmes, aber nicht haltbares Gewächs. Der
wichtigste Culturzweig ist die Obstzucht, deren Verhältnisse denen
von Frickenhausen gleichen. Früher wurde viel Süßobst gezogen
und gedörrt; neuerlich aber werden die noch tauglichen Bäume
abgeworfen und mit andern Obstgattungen geimpft. Die Rind-
viehhaltung ist im Verhältniß zur Wiesenfläche nicht bedeutend.
An Holz leidet die Gemeinde ungeachtet einigen Waldbesitzes
Mangel, war der benachbarte Nürtinger und Neuffener Staats-
wald zu fühlen hat.

  Wohlhabend sind nur einige Einzelne, der bei weitem größte
Theil der Bürgerschaft ist sehr arm und nährt sich nebenbei durch[216]
den dem hiesigen Ort eigenthümlichen Erwerbszweigs der Baum-
wollenwattfabrikation, deren Erzeugnisse von den Leuten
selbst im ganzen Land umher durch Hausiren abgesetzt wird. Im
Orte besteht ein öffentliches Waschhaus, Schildwirthschaften sind
3 vorhanden. Sämmtliche Zehnten, mit Ausnahme des kleinen,
welcher der Pfarrstelle Frickenhausen zusteht, bezieht der Staat.
Von dem Dörfchen selbst ist keine Merkwürdigkeit zu nennen,
als die alte aber schlechte Orgel, welche 1802 aus der ehemaligen
Festungs-Kapelle Hohen-Neuffen in das hiesige heitere Filialkirch-
lein versetzt worden ist. Der Pfarrer des ¾ Stunden von hier
entlegenen Frickenhausen hat hier einige Gottesdienste zu versehen.
Die Schule (mit 1 Lehrer) und das Gemeinderathslokal befinden
sich in Einem Hause. Bei trockener Witterung tritt leicht Wasser-
mangel ein.

  Der Ort gehörte ins Amt Neuffen, aber (1526) ins Gericht
Nürtingen. Der große Zehnten stand stets der Herrschaft zu.
Von 1639-1652 war der Ort ganz öde und verlassen. Ueber den
Namen, der jedenfalls von Haard (s.Hardt abzuleiten und daher
richtger Tischhardt zu schreiben seyn dürfte, s. Kappishäusern.
Wiesen auf der Markung des Nahen Frickenhausen, „bei dem
Herrentisch“ genannt, führt das Kellerei-Lagerbuch von 1526 auf.